Die Tänze des Dionysos
Theseus tötete den Minotaurus im Labyrinth von Kreta. Mit Hilfe des Bindfadens, den Ariadne vorher auf dem Weg ausgelegt hatte, gelang es ihm, wieder aus dem Irrgang herauszukommen, den der König Minos erbaut hatte. Die Weisen erzählen, dass das Labyrinth nicht nur das Gefängnis des Ungeheuers war, sondern auch der Ort des Tanzes, an dem Initiationsriten in Verbindung mit dem Dionysos-Kult vollzogen wurden: Dionysios, Gott des Weins und der Fruchbarkeit, Gott der Trance und der Halluzination, Gott der Ekstase und der Besessenheit.
Im Laufe der Jahrhunderte geriet die Götterwelt ins Abseits, um Platz zu machen für Religionen und Philosophien, die den Tanz nicht als eine Komponente des magisch-rituellen Universums ansehen, sondern als eine Kunstform, eine flüchtige Unterhaltung, eine folkloristische Vorstellung ... Dennoch sind, im großen "Magma" der mediterranen Kultur, Reste der antiken Choreographien au uns überliefert worden, die eine enge Verbindung zum Dionysischen Impuls aufrechterhalten, wie z. B.:
- Die Tammurriate, die immer wieder an bestimmten Feiertagen getanzt werden, als Zeichen der Verehrung derjenigen Madonnen, denen man sein eigenes Schicksal anvertraut ...
- Die Pizziche Tarantate, die die vom "Tarantismo" befallenen Menschen ständig tanzen, um vom Gift befreit zu werden, das ihnen beim Spinnenbiß der Taranteln in den Körper injiziert wurde ...
- Die schwindelerregende Bewegung der kreisenden Derwische, die sich ununterbrochen drehen, bis sie an jenen ruhigen Punkt kommen, der fast unerreichbar ist und definiert ist als "Ekstase" ...
- Die Stammes-Bewegung, mit der die nordafrikanischen Gnawa (afrikan. Stammesgruppe) sich treiben lassen, um die bösen Geister zu vertreiben und die heilsamen Gottheiten anzurufen ...
- Und darüber hinaus die Tarantelle, die Sirtaki, die nordafrikanischen Rythmen, die Moresche, die durch eine dominante Pseudo-Kultur als touristische Tänze mißbraucht werden, aber in Wirklichkeit aus altertümlichen Gesten geboren sind, die einer archaischen Zivilisation angehören.
Wir lernen diese Tänze, um das Gleichgewicht zu erreichen, das durch das moderne Leben ständig in Gefahr gerät. Wir verbreiten die Schritte dieser Tänze, um dem Chaos zu entkommen und, wenigstens für einen Augenblick, jene kosmische Ordnung wiederherzustellen, die die Harmonie der Welt scheinbar vergessen hat.